Irgendwann Ende letzten Jahres bekam ich eine Einladung zur Preview von Google Wave. Zu der Zeit war das Thema u.a. auch bei Twitter total hip. Ich hatte deshalb also etwas damit herumexperimentiert. Bei mir geht sowas so, daß ich mich der Sache erst spielerisch nähere und mir dann davon wieder abstrahierend ein erstes Urteil bilde. Ich weiß noch, daß alles sehr verwirrend war: Es gab Blips, Gadgets, Plugins und besonders spannend: Bots und Pings. Meine erste Reaktion war sehr technisch:

In Zukunft werden mit Waves auch Menschen an Online-Arbeit teilnehmen können, die mit den heutigen Technologien, insbesondere Wiki und Co., nicht klarkommen. Und dank der besser eingebetteten und auch privatisierbaren Diskussionsoptionen werden sich richtig produktive Prozesse darauf entwickeln können. Durch die wegfallenden Brüche zwischen den verschiedenen Werkzeugen (Mail, Jabber, Usenet, Groupware, Wiki), sowie die Außenanbindung durch Bots wird alles wie aus einem Guß erscheinen und andere Kommunikationswelten assimilieren. Waves werden aus meiner Sicht nicht nur das wichtigste Medium, sondern sie werden vor allen Dingen den Kreis der Online-Nutzer deutlich erweitern und die Tools und Prozesse integrieren. Sie sind also viel viel mehr als nur "noch eine Kommunikationsplattform".

Diese erste Reaktion war nicht nur sehr technisch, sondern die dahinter stehende Überlegung ging auch in die falsche Richtung, denn es kommt nicht darauf an, was Technik leisten kann, sondern was Menschen von ihr erwarten. Meine zweite Reaktion hörte sich damals deshalb wie folgt an:

Wenn es mal fertig ist, wird das Ganze ein tolles Kollaborationstool für gemeinsames Arbeiten sein. Und irgendwann wird es sich dann auch mit dem Rest der Onlinewelt irgendwie integrieren. Im Moment scheinen die meisten eine Art Social Networking Ding zu erwarten und fragen sich, was das soll. Ich glaube aber, so eingesetzt werden Waves nicht funktionieren, sondern tatsächlich nur verwirren. Man darf sich dem einfach nicht mit Facebook im Hinterkopf nähern, sondern eher mit Gobby. Richtig spannend wird es sowieso erst, wenn sich herauskristallisiert, wie sich die Integrationsthemen in andere Technologien entwickeln. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich da noch nicht wirklich was erkennen.

Auch mit dieser zweiten Reaktion bin ich heute nicht mehr zufrieden, denn ich finde nicht, daß sich Menschen auf bestimmte Weisen einer Technik nähern sollten, sondern daß sich Technik den Menschen nähern -- und für sie transparent sein -- muß. Kurzum: Ich denke nicht, daß Google Wave deshalb gescheitert war, weil es auch in Sachen Stabilität, Performance und Ergonomie an die Wand fuhr (die Entwickler haben schlichtweg versagt), sondern weil es vor allen Dingen keinen klaren Fokus hatte, der Menschen einen auf Anhieb erkennbaren Mehrwert bringt. Die Konzeption war einfach zu komplex und zu verkopft. Ganz genauso ging es Google später auch mit Google Buzz. Auch das war von der Konzeption her eine Zumutung und deshalb völlig unbenutzbar.

Nun denn, die Google web elements stellen heute die Möglichkeit bereit, alte Waves auch Leuten zeigen zu können, die selber keinen Wave-Zugang haben. Da man bei Ipernity nur eingeschränkte HTML-Freiheiten hat, kann ich hier leider keine Wave direkt einbetten. Ich kann aber für besonders Interessierte das folgende Kochrezept als Alternative bereitstellen: Man kopiere einfach den nachfolgenden Text in eine Datei names wave.html (ohne versteckte Endungen wie .txt dahinter) und betrachte diese in Mozilla Firefox oder Google Chrome (einfach mit der Maus in ein Browserfenster reinziehen). Man sieht dann die putzige kleine "Bremen und umzu Wave", die Ende letzten Jahres mit Google Wave zusammen verstarb:

<?xml version="1.0" encoding="UTF-8"?>
<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN"
  "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd">
<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
  <head>
    <meta content="text/html; charset=utf-8" http-equiv="Content-Type" />
    <title>Bremen und umzu Wave</title>
  </head>
  <body>
    <div id="waveframe" style="width: 800px; height: 500px"></div>
    <script type="text/javascript"
    src="http://www.google.com/jsapi"></script>
    <script type="text/javascript">
      google.load("wave", "1");
      google.setOnLoadCallback(initialize);
      function initialize() {
        var waveframe = document.getElementById("waveframe");
        var embedOptions = {
          target: waveframe,
          header: true,
          toolbar: true,
          footer: true
        };
        var wavePanel = new google.wave.WavePanel(embedOptions);
        wavePanel.loadWave("googlewave.com!w+YnHmBSoaA");
      }
    </script>
  </body>
</html>

Ich bin gespannt, wieviele Totgeburten Google noch erfinden wird. In dem Bereich müssen die noch viel üben...