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Alberto


5 PiP
Hier sehen wir meinen Freund Alberto in einer ganz ungewöhnlichen Situation:
Auf einer Bühne! Dort präsentiert er sein zweites Buch mit Erzählungen, und der Theatersaal im Kulturzentrum Goes in Montevideo ist voller gespannter Hörerinnen und Hörer. Einige kennen sich aus der gemensamen Zeit als politische Gefangene.
Alberto ist knapp Zwanzig und aktiv in einer Oppositionsgruppe, als er 1972 von Greifern des uruguayischen Militärs nachts zu Hause verhaftet und abgeführt wird. Die meiste Zeit verbringt er nun in dem eigens für die Politischen errichteten Hochsicherheitsgefängnis, welches - ausgestattet mit einem Trakt für die neuesten Foltertechniken - den zynischen Namen Libertad (Freiheit) erhielt.
Als er knapp zehn Jahre später freikommt, ist ihm draußen alles fremd. Die Jugend ungelebt verloren, kein Beruf, keine Existenz, dafür quälende Erinnerungen. Der Versuch, endlich eine Familie zu gründen, hat keinen Bestand. Auf dem Tiefpunkt der verheerenden Wirtschaftskrise 2002 sein Entschluß: Nur weg hier! Er geht nach Spanien, kehrt erst Jahre später in sein Geburtsland zurück.
Wie wird so jemand (wieder) heimisch? Trifft unter den Überlebenden ein paar Freunde wieder, die Geschwister, Zellengenossen. Alberto, der allein erziehende Vater, erobert sich mit Ana Laura ein stilles Glück - und den Weg in einen Literaturzirkel. Findet so endlich die Ruhe, über alles nachzudenken, Erfahrungen und Begegnungen nachzuzeichnen.
Die Erinnerung an die 12 finsteren Jahre der Militärdiktatur ist in Uruguay nicht verblasst. Die Ermordeten und Verschwundenen des Staatsterrorismus sind nicht vergessen. Dazu sind in dem 3,5-Millionen-Volk die Beziehungen zu eng: Man kennt sich. Täter und Opfer sind oftmals Verwandte. Ausweichen geht nicht auf Dauer. Zwischen Verzeihung, Vergebung und Versöhnung gibt es manche Schattierungen. Auch der Umgang mit Schuld kennt einige Facetten...
Albertos neuer Erzählband „La Anfitriona“ (Die Gastgeberin)* versammelt ein buntes Grüppchen von Weggefährten, Nachbarn und Zufalls-Bekanntschaften in Kurzgeschichten voller Dichte, Witz und Ironie. Etliche seiner Stücke handeln von den Knast-Erfahrungen der bitteren Art, pointiert, auch lakonisch und mit grimmigem Humor. Wenn er das Buch aufschlägt und liest, herrscht Heiterkeit im Publikum: Es ist das Lachen der Wissenden: „Ja, so war es! Ja, so ist es!“
Von Nostalgie keine Spur. Die kommt erst im zweiten Teil des Abends, wenn dem Duo Gabriela & Carlos die Bühne gehört. Und dem Tango, jenem bittersüßen Gefühls-Sturm, der nur hier am Rio de la Plata entstehen konnte: Diese Mélange aus Erinnerung, Schmerz und Begierde! Beim Schluss-Song „Volver“ (Zurückkehren)** singt und schluchzt der ganze Saal. Dieser Tango des unvergessenen Carlos Gardel war im Gefängnis eine Art Hymne: Hoffnung auf Wiederkehr ins Leben!
Lieber Alberto! Schön wars an deinem Abend. Und ich bin froh, dass ich dir mit meinen Fotos eine Freude gemacht habe. Bitte tu’ uns auch einen Gefallen: Schreibe weiter!
___
* Alberto Sequiera: La Anfitriona. Impresoras Delta. Montevideo 2023
** www.youtube.com/watch?v=0TPtsf8nSpQ
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Hier sehen wir meinen Freund Alberto in einer ganz ungewöhnlichen Situation:
Auf einer Bühne! Dort präsentiert er sein zweites Buch mit Erzählungen, und der Theatersaal im Kulturzentrum Goes in Montevideo ist voller gespannter Hörerinnen und Hörer. Einige kennen sich aus der gemensamen Zeit als politische Gefangene.
Alberto ist knapp Zwanzig und aktiv in einer Oppositionsgruppe, als er 1972 von Greifern des uruguayischen Militärs nachts zu Hause verhaftet und abgeführt wird. Die meiste Zeit verbringt er nun in dem eigens für die Politischen errichteten Hochsicherheitsgefängnis, welches - ausgestattet mit einem Trakt für die neuesten Foltertechniken - den zynischen Namen Libertad (Freiheit) erhielt.
Als er knapp zehn Jahre später freikommt, ist ihm draußen alles fremd. Die Jugend ungelebt verloren, kein Beruf, keine Existenz, dafür quälende Erinnerungen. Der Versuch, endlich eine Familie zu gründen, hat keinen Bestand. Auf dem Tiefpunkt der verheerenden Wirtschaftskrise 2002 sein Entschluß: Nur weg hier! Er geht nach Spanien, kehrt erst Jahre später in sein Geburtsland zurück.
Wie wird so jemand (wieder) heimisch? Trifft unter den Überlebenden ein paar Freunde wieder, die Geschwister, Zellengenossen. Alberto, der allein erziehende Vater, erobert sich mit Ana Laura ein stilles Glück - und den Weg in einen Literaturzirkel. Findet so endlich die Ruhe, über alles nachzudenken, Erfahrungen und Begegnungen nachzuzeichnen.
Die Erinnerung an die 12 finsteren Jahre der Militärdiktatur ist in Uruguay nicht verblasst. Die Ermordeten und Verschwundenen des Staatsterrorismus sind nicht vergessen. Dazu sind in dem 3,5-Millionen-Volk die Beziehungen zu eng: Man kennt sich. Täter und Opfer sind oftmals Verwandte. Ausweichen geht nicht auf Dauer. Zwischen Verzeihung, Vergebung und Versöhnung gibt es manche Schattierungen. Auch der Umgang mit Schuld kennt einige Facetten...
Albertos neuer Erzählband „La Anfitriona“ (Die Gastgeberin)* versammelt ein buntes Grüppchen von Weggefährten, Nachbarn und Zufalls-Bekanntschaften in Kurzgeschichten voller Dichte, Witz und Ironie. Etliche seiner Stücke handeln von den Knast-Erfahrungen der bitteren Art, pointiert, auch lakonisch und mit grimmigem Humor. Wenn er das Buch aufschlägt und liest, herrscht Heiterkeit im Publikum: Es ist das Lachen der Wissenden: „Ja, so war es! Ja, so ist es!“
Von Nostalgie keine Spur. Die kommt erst im zweiten Teil des Abends, wenn dem Duo Gabriela & Carlos die Bühne gehört. Und dem Tango, jenem bittersüßen Gefühls-Sturm, der nur hier am Rio de la Plata entstehen konnte: Diese Mélange aus Erinnerung, Schmerz und Begierde! Beim Schluss-Song „Volver“ (Zurückkehren)** singt und schluchzt der ganze Saal. Dieser Tango des unvergessenen Carlos Gardel war im Gefängnis eine Art Hymne: Hoffnung auf Wiederkehr ins Leben!
Lieber Alberto! Schön wars an deinem Abend. Und ich bin froh, dass ich dir mit meinen Fotos eine Freude gemacht habe. Bitte tu’ uns auch einen Gefallen: Schreibe weiter!
___
* Alberto Sequiera: La Anfitriona. Impresoras Delta. Montevideo 2023
** www.youtube.com/watch?v=0TPtsf8nSpQ
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Yo adivino el parpadeo
de las luces que a lo lejos,
van marcando mi retorno.
Son las mismas que alumbraron,
con sus pálidos reflejos,
hondas horas de dolor.
Y aunque no quise el regreso,
siempre se vuelve al primer amor.
La quieta calle donde el eco dijo:
"tuya es su vida, tuyo es su querer",
bajo el burlón mirar de las estrellas
que con indiferencia hoy me ven volver.
Volver,
con la frente marchita,
las nieves del tiempo
platearon mi sien.
Sentir, que es un soplo la vida,
que veinte años no es nada,
que febril la mirada
errante en las sombras
te busca y te nombra.
Vivir,
con el alma aferrada
a un dulce recuerdo,
que lloro otra vez.
Tengo miedo del encuentro
con el pasado que vuelve
a enfrentarse con mi vida.
Tengo miedo de las noches
que, pobladas de recuerdos,
encadenen mi soñar.
Pero el viajero que huye,
tarde o temprano detiene su andar.
Y aunque el olvido que todo destruye,
haya matado mi vieja ilusión,
guarda escondida una esperanza humilde,
que es toda la fortuna de mi corazón.
Alberto hat auch erzählt, wie sie damals diesen Liedtext und die Botschaft zwischen den Zeilen gebraucht haben, wo es sinngemäss heißt: Ich werde zurückkommen, auch wenn es 20 Jahre dauert.
Auch eine Schnulze kann manchmal richtig hilfreich sein ;-)
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