"Auf die Frage, was er während seines Studiums an der Kunsthochschule denn gelernt habe, gab ein Absolvent zur Antwort: dass alles irgendwie mit allem zusammenhängt. Der Stuttgarter Künstler Harry Walter, der diese Aussage kolportierte, bezeichnete sie zu Recht als »erkenntnistheoretischen Super−Gau«. Doch leider dürfte der Student kein Einzelfall sein. Wie ein Blick auf den Kunstbetrieb schnell offenbart, handeln viele Akteure genau nach dieser Devise und haben damit auch Erfolg. Man denke nur an die zahlreichen Ausstellungen, die unterschiedlichste Kunstwerke unter einem Oberthema zusammenführen und so tun, als könnten die unterstellten Bezüge einen Erkenntnisschub auslösen. In Wirklichkeit hat ein Kurator wie aktuell etwa bei der Ausstellung Zehn Gebote in Dresden nur ziemlich äußerlichen Assoziationen nachgegeben und von vornherein die diskursive Kraft von Bildwerken überschätzt. Klare Ansprüche gegenüber der Kunst scheinen verloren gegangen zu sein, denn sonst würde ein solcher Mangel an inhaltlicher Präzision und intellektueller Disziplin stärker kritisiert."
Wolfgang Ullrich
Das ist ja mal nicht verkehrt, oder? Aber wenn man im Kunstbetrieb zu viele oder die falschen Fragen stellt, ist man schnell draussen.
Disziplin wahrend und Präzision anstrebend muss man vielleicht erwidern, dass es im strengen Sinne schon verkehrt ist. Auf der AKADEMIE soll man gerade NICHT lernen Fragen zu stellen sondern Kunst um ihrer selbst willen praktizieren. IM genauen Gegensatz zur KUNSTHOCHSCHULE, deren leitendes Prinzip und Zweck es sein sollte, zu differenzierter Erkenntnis UND eigenständiger künstlerischer Praxis fähige Absolventen zu entlassen. Leider hat kaum eine dieser "HOCHSCHULEN" es bis heute geschafft, einen solchen Anspruch in Studienorganisation und Selektion ihrer Studierenden einzulösen. Selbstbild aller Möchtegernkünstler und Struktur der Ausbildung haben sich bis heute keinen Schritt weit von der "Düsseldorferischen Üblichkeit" (Carl Einstein) fortentwickelt. "Je-ne-sais-quoi" und Idiosynkrasien statt Erkenntnis.
Ist das eine Idee von Ihnen, oder finden sich diese Einrichtungen unter den Institutionen auch wieder?
Interessant scheint mir das u.a. auch deshalb weil sich im Kontext des Bologna-Prozesses natürlich auch die Frage (neu) stellt, wie sich die "Kunst-Hochschulen" in diesem Zusammenhang positionieren (und verändern). Mir scheint: Die Debatte erreicht sie gar nicht, geschweige denn, dass sie über Veränderungen nachdenken lässt. Wozu reichlich Anlass bestünde.
Und ich denke, ich muss Ihnen ja nicht erklären, dass das antiquierte an der derzeitigen Kunst-Hochschulausbildung ein auf "Werk-Stücke" etc. fixierter Mummenschanz ist, der mit gegenwärtigster Kunst keinerlei Bezug mehr hält. Es gibt Business Schools die dem besser entsprechen (www.kaospilots.dk).
FOLKWANG statt Fachbereich der GESAMTHOCHSCHULE?
Konnte mir aber dieses Bruchstück rausklauben:
"Für den Professor [Dillemuth] an der Münchner Kunstakademie liegt die Alternative zum marktgerechten Kunstprofi bei den Dilettanten und Amateuren, die sich durch Selbstorganisation den Rücken für Kritik und Wandel des Öffentlichen frei halten."
Dann soll er doch gleich mal kündigen, der Herr Professor.
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