"Auf die Frage, was er während seines Studiums an der Kunsthochschule denn gelernt habe, gab ein Absolvent zur Antwort: dass alles irgendwie mit allem zusammenhängt. Der Stuttgarter Künstler Harry Walter, der diese Aussage kolportierte, bezeichnete sie zu Recht als »erkenntnistheoretischen Super−Gau«. Doch leider dürfte der Student kein Einzelfall sein. Wie ein Blick auf den Kunstbetrieb schnell offenbart, handeln viele Akteure genau nach dieser Devise und haben damit auch Erfolg. Man denke nur an die zahlreichen Ausstellungen, die unterschiedlichste Kunstwerke unter einem Oberthema zusammenführen und so tun, als könnten die unterstellten Bezüge einen Erkenntnisschub auslösen. In Wirklichkeit hat ein Kurator wie aktuell etwa bei der Ausstellung Zehn Gebote in Dresden nur ziemlich äußerlichen Assoziationen nachgegeben und von vornherein die diskursive Kraft von Bildwerken überschätzt. Klare Ansprüche gegenüber der Kunst scheinen verloren gegangen zu sein, denn sonst würde ein solcher Mangel an inhaltlicher Präzision und intellektueller Disziplin stärker kritisiert."

Wolfgang Ullrich