"Mit neuen Augen gingen wir morgens wieder über die Messe und fingen gleich wieder an, sehr viel daherzureden. Aspekte des Erkenntnisvorgangs, des Ver-stehens einer Kunst, stellen sich als Wertung ein, als Gefühl, wie man etwas findet. Problem am Urteil: es geht nicht ohne; es hängt aber an ihm so wahnsinnig viel STRESS. So viel Info über den Urteilenden, so viel Selbstdarstellung, die, auch wenn sie nicht beabsichtigt ist, doch nicht verhindert werden kann, im Urteil nämlich unweigerlich mit mitgeteilt wird. Von daher entsteht eine Drift zu banaler Exentrik, zum stumpfen Interessantizismus, der eine wirkliche Einsicht in die Qualitäten der Werke genauso behindert, wie der vom Reden an sich hervorgebrachte, gegen-sätzlich wirkende Konsensualitätsbias.

Andererseits sind die Werke doch ganz ALLEIN. Auch wenn sie so dicht gedrängt da sind, wie auf einer solchen Messe, und von so extrem vielen Menschen angeschaut werden, wie hier, sie sind allein, sie leben nicht, sie sind gemacht und ausgedacht, ein Konzentrat einer sich selber suchenden Idee, die einen anfunkt ganz allein, steht man kurz davor. "

Rainald Goetz

Frieze Art Fair, http://www2.vanityfair.de/extras/rainaldgoetz/?p=339