"Ich saß dem Apparat gegenüber, ungefähr 2,50 m vom Fenster entfernt auf einem Stuhl. Hinter dem Stuhl lehnte ein Besenstil an dem kleingedrucktes Papier geheftet war. Auf dieses stellte ich scharf ein. Ausprobieren mußte man Augenhöhe und Entfernung. Ein Selbstauslöser war nicht vorhanden, deshalb befestigte ich einen Zwirnsfaden am Auslöser, spannte ihn senkrecht zur Erde unter einen Gegenstand, der den Faden durchließ und so schwer war, daß der Apparat nicht umfiel. Das Ende des Fadens nahm ich in die Hand und zog - das war ganz einfach."

G.A.



In antiquarischer Sicht entdecken wir in den zwanziger Jahren mit den Zügen der klassischen Moderne das Heraufkommen unserer eigenen Lebenswelt. Wir betrachten eine Gesellschaft an der Scheidelinie zwischen gegenwärtig Vertrautem und befremdend Vergangenem - eine Gesellschaft, die unsere Ängste und Hoffnungen teilte und deren eigene Phantasien und Phobien uns doch ein irritierendes Zerrbild unserer Alltagsnormalität entgegenhalten. Aber auch in diesem Falle sind die Schemen, die uns aus dem erblindeten Spiegel der Historie entgegenblicken, letztlich ... wir selbst.

DETLEF J. K. PEUKERT
Die Weimarer Republik, S. 271
Frankfurt/Main 1987